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Die Unesco hat mit ihren Sustainable Development Goals die Richtung vorgegeben. Die Welt, wie wir sie kennen, wird nur weiterbestehen, wenn wir zu einer nachhaltigen Bildung kommen, wie im BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) formuliert. Aus den besonderen Forschungsergebnissen des Evolwe-Teams erläutert René Junkes im folgenden Interview einige wesentliche Erkenntnisse der natürlichen organischen Bewusstseinsentwicklung und bringt sie mit der nachhaltigen Entwicklung Europas in Zusammenhang.

Es interviewt ihn Karin Neckamm mit ihrem wachen Blick für Europäische Entwicklungen, den sie in ihrer langjährigen journalistischen Laufbahn und ihrer Hochschul-Lehrtätigkeit geschärft hat.

(Das Interview wurde als Zoom-Konferenz durchgeführt und anschließend aus den Aufzeichnungen verschriftlicht und dabei sprachlich überarbeitet und gekürzt.)

Karin: Hallo Rene, heute möchte ich gerne mit dir tiefer schauen auf die Situation, die für die Bürgerinnen und Bürger in Europa zurzeit vorhanden ist, mit den zahlreichen komplexen Herausforderungen: von der Flüchtlingskrise über den drohenden Klimawandel, und in der EU die Herausforderung der Digitalisierung mit all ihren gesellschaftlichen Wandlungsaspekten. Was ist mit der Verfasstheit des politischen Systems der EU mit ihrer repräsentativen Demokratie und dem, wie die Bürger sich einbringen können? Sind wir überhaupt gerüstet, um Antworten auf diese Herausforderungen zu finden?

René: Ich will bei der Beantwortung der Frage erstmal schrittweise Indizien zusammenführen, die mir auffallen. Dafür schauen wir uns vielleicht mal genauer an, wie der Mensch in den Industrieländern heutzutage heranreift, wie er demnach ein Erwachsener wird, um als Erwachsener verantwortungsbewusst sein Leben zu gestalten. Der Mensch wird nicht zu einem freien, mündigen, offenen, autonomen Bürger begleitet. Er wird jedoch vom Bildungssystem, den Erziehungsmodellen und der Wirtschaft dazu getrieben, einem bestimmten Bild zu entsprechen, um am Ende eine bestimmte Rolle zu übernehmen. Das heißt, er muss einen Platz im Wirtschaftssystem finden, damit dies weiter rollt. Dabei werden aber viele wesentliche Grundelemente des Menschseins und dessen natürlichen Wachsens missachtet. So erlangt der Mensch nicht das Bewusstseins-Potential, dass ihm innewohnt. Wir können also feststellen, dass die meisten Menschen in unserem Wirtschaftsraum vorgegebene Rolle finden sollen und nicht die mündige Reife der Autonomie erlangen. Das ist schon mal ein wichtiger Hinweis für mich bei dieser Frage: „Sind wir gerüstet?“

Karin: Du hast jetzt kurz die Indizien umrissen für die Frage: Wie ist der Mensch heute beschaffen? Worin zeichnet sich diese Rolle im Wirtschaftssystem konkreter aus? Wozu wird der Mensch herangezogen?

René: Grundsätzlich kann man sagen: Wenn der Mensch eine gewisse Rolle übernehmen soll in einem System, besteht immer die Gefahr, dass die Individualität, der Wesenskern des Individuums nachlässig behandelt wird. Der Mensch selbst aber, neben dem, dass er der Gattung Mensch angehört, besitzt in sich jeweils seinen eigenen Wesenskern. Wenn wir genau hinschauen, sehen wir bereits bei den Kindern einen eigenen Kern. Dieser Kern ist weit entfernt von genetischen Übertragungen und sozialen Prägungen. Vielmehr bleibt er trotz alledem bestehen und ist schon in sich autonom (auto=Eigen nom=Gesetz -> Eigengesetzlichkeit). Wir können also sagen, in jedem Menschen steckt eine wesensgemäße Natur.

Karin: Was kann ich mir darunter vorstellen? Wovon sprichst du da im Detail?

René: Das sind ganz feine Äußerungen, die die Persönlichkeit darstellen. Diese Äußerungen sprechen nur für diese Person. Es ist sehr wichtig, dies schon früh bei dem Kind zu lesen damit wir das unterstützen. Wenn das Kind nicht unterstützt wird, seinen Wesenskern zu entdecken und auszuleben, dann wird es schwer im Erwachsenenalter. Dann passiert es sehr oft, dass Menschen zwar körperlich heranwachsen, weil es ihnen aber nicht erlaubt war, mit ihrem Wesenskern ihre Herausforderungen zu bewältigen, eigneten sie sich unzählige Schemata an. Ihnen wurden nämlich Methoden, fertige Lösungsvorgänge, Reaktionsmuster etc. aufgezwungen. Wenn man diese dann u.a. mit einem Belohnungssystem anpreist, adaptiert das Kind diese Lösungsart, dieses Vorgehen und vergisst dabei seine innewohnenden Kräfte. Das alles beginnt schon in der frühkindlichen Zeit. Zum Beispiel: das Kind will die Leiter am Klettergerüst hochklettern und eines der Eltern trägt das Kind auf die Leiter. Damit nimmt es den Weg der Erforschung einfach weg, ein ganzer Weg wird komplett abgeschnitten. Das Kind verliert seinen Forschungsanteil, sein Selbstherausfinden, sein Erkennen aus seinem Wesenskern heraus. Anstatt dessen versucht es zu kopieren.

Karin: Wenn ich mich da jetzt reinversetze, dann schließe ich ja damit eine riesengroße Anzahl von eventuellen Möglichkeiten aus, indem ich dem Kind eine Lösung vorgebe. Ich es stimme es auf eine Lösung ein und gebe ihm diese Lösung als die einzig mögliche vor.

René: Genau. Wenn ich jetzt als Kind die Freiheit behalte die Dinge zu erforschen, ist die Art und Weise, wie ich es herausfinde und das, was ich dann als Lösung finde, passend zu meinem Wesenskern. Ich bin in Kontakt mit meiner Wesensebene, der Art und Weise, mit welchem Geschmack ich die Dinge angehe.

Karin: Das ist also mehr als meine Stärken, die mich auszeichnen? Das ist meine ganz individuelle Prägung?!

René: Richtig. Bei dem Thema Stärken würde ich sogar noch in Frage stellen, ob wir von echten Stärken bei einem Erwachsenen sprechen. Denn er ist durch das System hindurch gewandert und hat von außen herum ständig erklärt bekommen, was die Stärken sind. Wir können unsere Betrachtung auch mal auf das letzte Jahrhundert richten. Da kamen mit Einstein die Relativitätstheorie und die Quantenphysik. Und wie Tesla sagt: Wir sollten versuchen, die Welt mehr in Energien zu verstehen, so können wir auch sagen, dass wir uns unser Selbst in Energien vorstellen sollen. Vielleicht sogar mehrere Energien, die unser Interagieren steuern. Diese Energien zusammen ergeben unsere Energiesignatur, unser Sein. Mit ihnen kreiere ich auch Gefühle und Emotionen und Gedanken in mir. Wenn ich jetzt verstehe, dass der Wesenskern des Menschen ein ganz besonderer Cocktail von Energien, von Kräften darstellt, dann gibt es keine Frage von Stärken oder Schwächen oder Talenten mehr.

Karin: Und ich habe immer wieder über das Leistungssystem, über das was vermeintlich richtig ist, dem Kind eine sehr enge Spur mit auf den Weg gegeben, wie sich ein Kind, ein junger Mensch, ein später älterer Mensch selbst einschätzt.

René: Ja. Das ist alles was Bildung gerade so tut: fertige Lösungswege vorgeben und zu überprüfen, wie gut du sie auswendig gelernt hast. Du als Individuum hast aber die Möglichkeit die Lösungswege selbst herauszufinden. Dabei lässt das jeweilige Herausforderungs-Niveau dich in deinem Auffassungsvermögen heranreifen. Das passiert in dem Tempo und in der Orientierung passend zu dem, wo du gerade stehst. Du hast also auch einen guten Zugang zu dem Stand deiner Auffassungsgabe. Gleichzeitig heißt das auch für mich: ich erkenne mich immer ganzheitlicher, ich verstehe immer besser aus meinem Wesenskern heraus, wo ich hingehöre und was meine Aufgaben sind. Somit habe ich meinen Platz in der Gemeinschaft gefunden, passend zu meinem Wesenskern.

Karin: So, kommen wir zu der Frage, die du vorhin gestellt hast: wie sieht denn der Mensch heutzutage aus?

René: Er hat seinen Platz, der seinem Wesenskern entspricht, nicht gefunden. Er wurde dazu getrieben, einen gewissen finanziellen Sicherungsstatus zu erreichen und dafür eine Beschäftigung anzutreten. Diese Beschäftigung dient nicht dem Wesenskern. Das ist unser Lebensmodell. Meine Um-Welt muss mir sagen, welchen Wert ich habe, die Kleidung muss es mir sagen, meine Position, mein Haus, meine Ideale, meine Moralvorstellungen, die ich wie Fahnen trage. Also alles, was ich mir so aneigne, muss mir erklären, wer ich bin! Und dann merke ich dabei auch nicht, dass ich mit dieser Suche nach den Lösungen im Außen immer mehr in einen Konsumrausch komme. Das Außen soll mich vitalisieren. Dabei kann nur das Ausleben meiner Kräfte mich vitalisieren.

Karin: Wenn ich auf unsere derzeitige Gesellschaft und gesellschaftspolitische Situation blicke, dann ist es doch gefragt, dass Menschen in der Lage sein müssen, angesichts komplexer Themen schnelle Entscheidungen zu treffen. Das Thema schnelle Lösungen führt uns doch möglicherweise auf eine ganz falsche Spur im Vergleich zu dem, was unser Wesenskern eigentlich brauchen würde?!

René: Das Interessante ist, dass sich um uns herum die Welt stark bewegt hat. Dadurch fordern jetzt Menschen, dass einzelne Individuen in der Lage sein sollten schnelle Lösungen zu finden. Mit der Entwicklung, die der Mensch normalerweise erlebt hat, hieße das, dass er schneller in seinen Werkzeugkoffer greifen und die passende, auswendig gelernte Lösung hervorheben soll. In der Realität geht es jedoch um einen Umgang mit Komplexität. Diese kannst du nur mit einer Bewusstseinsebene begegnen, die auch Komplexität in sich trägt. Jetzt kommen wir in das Feld der Intuition: wenn ich mich als Mensch ständig Herausforderungen gestellt habe und damit die Welt immer tiefer in ihren Prinzipien verstanden habe, dann trage ich in mir eine Weisheit über die Welt. Und wenn mir jetzt ein komplexes Thema erscheint, dann kann meine Intuition auf wahre Weisheit zugreifen, rasend schnell. Darüber hinaus bin ich noch begierig einen Kreis zu öffnen, mit weiteren Menschen, die auch ihre Weisheit in sich tragen, um dann kollaborativ von der Elaboration zur Kollaboration von der Ich-Untersuchung zur Wir-Untersuchung überzutreten, weil ich verstanden habe, dass Komplexität auf einer gewissen Ebene im WIR gelöst werden muss. Egal wie weise ich mich wahrnehme, ich werde den Wir-Raum aufnehmen. Ich verstehe, aufgrund meines Wesenskerns habe ich einen gewissen Blickwinkel und somit auch blinde Flecke. Der Kollaborationsprozess bezieht sich dann auf die Weisheiten der Menschen im Kreis und nicht auf ihre Meinungen und fertigen Lösungen. Hier schwenke ich über zum Thema Repräsentative Demokratie. „Hast du die Lösung oder bist du die Lösung?“. Darum sollte es eigentlich gehen bei der Frage des mündigen, des autonomen Bürgers, der für die Demokratie einen echten, partizipativen Wert hat. Das erzeugt eine Demokratie basierend auf Weisheit, wo Bürger mit ihrer Weisheit einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, damit Politiker auf einer höheren Ebene eine höhere Weisheit finden. Dann haben wir überhaupt eine echte Chance so etwas wie Europapolitik auf eine sinnhafte Art und Weise zu verfolgen.

Karin: Ich würde gerne einen Schritt zurückgehen, wo du begonnen hast zu beschreiben, worin dieser Drogencharakter der schnellen Lösungen liegt. Ich glaube, wir sitzen da einem Systemproblem auf.

Die Lösung wird von der Neuro-Wissenschaft beschrieben als ein Moment, der im Gehirn eine Art Rausch auslöst, welcher zu vergleichen ist mit einem echten Drogenrausch. Es betrifft dieselben Areale und hat dieselbe Wirkungsstärke. Das bedeutet für das Kind, wenn es jetzt ständig im Forschen unterbrochen wird und man ihm die fertigen Lösungen gibt, passiert folgendes: das Kind bekommt diesen Rausch zu spüren und damit verliert es diesen Hang des agilen Umschaltens zum Forschen. Wenn jetzt irgendwann wieder ein Problem vor ihm steht, dann sucht es in seine Sammlung von Lösungen, die es erhalten hat. Es hat ganz vergessen agil umzuschalten und in die Untersuchungsatmosphäre einzutauchen. Im Laufe der Zeit steigt nun das Herausforderungs-Niveau, nicht jedoch das Bewältigungsvermögen. Bei jeder neuen Herausforderung bleibt ihm nichts anderes übrig als abzuschalten: Das kann ich nicht und das bleibt auch so. Ich widme mich lieber Themen, die ich mit meiner Lösungs-Sammlung hinkriege. Dabei will ich immer wieder den Rausch der Lösungen schmecken. Wenn ich dann noch vom sozialen System dafür wertgeschätzt werde, ist die Wertschätzung wiederum eine Art Drogenrausch.

Karin: Wir haben derzeit eine Situation, wo Menschen fast angsterfüllt fragen: „Wie kann denn das jetzt weitergehen?“ Und dann die „Fridays for Future“-Bewegung, die sich aktiv für das Thema Klimaschutz engagiert, in Europa beginnend, mittlerweile weltweit, thematisiert ganz stark, dass wir das womöglich nicht mehr schaffen können. Wie lässt sich denn das in deinem Verständnis einsortieren?

René: Da das Kind mit der Schule und den Erziehungsmodellen im Wachsen ausgebremst wird, verweilt es mit seinem Bewusstsein im Vorschul-Bewusstsein. Mit diesem Bewusstsein ist die Welt noch magisch. In der möchte ich u.a. gerne, dass die Obrigkeiten mir Dinge erfüllen. Ich bin egozentrisch - ich denke, ich bin die Majestät hier im Haus. Und wenn sich jetzt etwas unerwartet in den Rahmenbedingungen verändert, komme ich schnell zu dem Gedanken „Mir fällt der Himmel auf den Kopf“. Der Erwachsene hat hunderte von fertigen Lösungen in der Hand, die er in der Tiefe gar nicht versteht. Es sind ja nur Musteranwendungen. Jetzt ist es eine notwendige Konsequenz, dass dieser Mensch denkt, jetzt kommt die Apokalypse. Er erkennt seine Inkompetenz in der Meisterung, aber auch in der Auffassung des Themas. Die Analyse des Themas ist verzerrt und damit auch die Einschätzung des Bewältigungs-Vermögens.

Karin: Es kommt noch hinzu, dass die jüngeren Menschen, jetzt sozusagen eine Art Aufwacherleben haben mit: „Ihr hinterlasst uns eine Welt, die nicht mehr lebensfähig ist“. Wie verhält es sich denn zwischen dem, wie die junge Generation schaut auf die Situation und dem Selbstverständnis der älteren Generation?

René: Dieses Aufbäumen der neuen, frischen, jungen Generation ist nicht neu. Das neue waren immer die Themen in ihrer Nuance. Wenn wir uns Menschen in den letzten 3000 Jahren anschauen, lässt sich das beobachten. Jede Revolution gegenüber einem Thema hat uns aber nicht einen echten Bewusstseinswandel gebracht, denn wir haben ja nie die Konditionierungsmechanismen in unserer Gesellschaft hinter uns gelassen. Sämtliche Kulturen der Vergangenheit haben immer so gearbeitet. Das Individuum wurde in das System konditioniert. Keine Gesellschaft hat sich bisher getraut die Konsequenz, oder die Auswirkung des freien Geistes in der Masse auszuprobieren. Die jüngsten Demonstrationen haben auch wieder nur die Fahne gewechselt, moralisch wertvoller oder idealistischer. Menschen tragen sie genauso wie früher auch die Kreuzritter. Sie wollen jetzt damit missionieren, weil sie für sich einen moralischeren Wert gefunden haben. Sie gehen jedoch nicht in die tiefe Analyse und fragen sich nicht, welche Bewusstseins-Ebene hier herrscht. Welche Auffassungsgabe haben wir denn vertreten? Wer stellt sich hier die Frage, wie das Auffassungs-vermögen in der Erwachsenenwelt reifen kann? Wer hat seine Konditionierungen abgelegt und folgt nicht mehr seinem Suchtverhalten nach schnellen Lösungen? Wer hat seine egozentrische Vorgehensweise, seine Konsum-Sucht verloren? Wer möchte in einen Dialog treten, um dann eine kollaborative Lösung zu finden? Die meisten rufen nach Regeln, Gesetzen und Verboten. Sie skizzieren dafür die Apokalypse. Aber wer von ihnen will denn einen kollaborativen Diskurs?

Karin: In einer Sache unterscheidet sich das Problem Klimawandel zurzeit schon gegenüber früherem Aufbäumen der jungen Menschen: jetzt gehts um unseren Planeten, jetzt gehts um die Überlebensfrage. Wo sollten wir denn hinschauen?

René: Wir sollten in die Wahrhaftigkeit eintreten. Das beschreibt Ken Wilber auch sehr oft. Und zwar in dem Untersuchen, wo ich wirklich stehe mit meiner Reife. Ich sollte meinen Weg der Nach-Reifung erkunden. Damit ich mir eine Aussicht erzeuge, die mir sagt, ich kann etwas für mich tun, ich kann diesen Satz endlich erfüllen: „Be the change you want to see!“ Be – sei dein Wesenskern. Fang an aus ihm heraus zu leben. Und verliere dabei die ganzen Stützräder mit Musterlösungen und Konditionierungen und Schemata, die du hast. Damit würdest du der Jugend den entscheidenden Schritt demonstrieren. Weil die Jugend dann sieht, da gibt es einen Horizont, der ist viel weiter als das, was wir jetzt gerade um uns herum sehen. Der Horizont im Bewusstsein muss größer werden. Jugendliche müssen den Horizont in uns Erwachsenen sehen, der weiter als der jetzige geht. Diese Horizontgröße lässt in den Jugendlichen Hoffnung aufbrennen. Sie verstehen, dass sie auch in diese Reife gehen können. Sie verstehen auch, dass sie sich so einer globalen Frage nicht wie üblich stellen können, wie wir es schon immer gemacht haben mit unseren Revolutionen.

Karin: Es geht ja irgendwie darum, dass der Mensch seinen eigenen Wert, sein Wahrnehmen im Interagieren in seinem Umfeld erlebt. Ist es dann nicht auch so, dass das Thema Natur, Planet, Nachhaltigkeit Klimawandel auch noch einmal anders zu sehen ist, anders zu erleben ist?!

René: Ja. Der Mensch hat sich von Geburt an dieser Welt gewidmet und hat die unglaublichen Wunder dieser Welt immer wieder und tiefer auf ein Neues entdeckt. Er ist ständig ein Schüler geblieben, ein Forscher der Welt und hat die Geheimnisse und Schönheiten und die Pracht dieser Welt immer tiefer verstanden. Und wenn er autonom ist, dann versteht er, dass die autonome Persönlichkeit ihre Eigengesetzlichkeiten hat. Er hat mit seinen Eigengesetzlichkeiten seine Würde erkannt. Und dieser autonome Mensch versteht, wenn ich die Eigengesetzlichkeiten und die Würde des Gegenübers missachte, wird kein Tanz stattfinden und damit auch kein Wunder. Und damit geht mir etwas verloren. Die schale Welt des Konsums, wo ich ständig die Eigengesetzlichkeiten missachte, diese schale Welt interessiert mich gar nicht mehr. Ich will ein Gegenüber wahrnehmen in seiner eigenen Kraft, weil ich meine eigene Kraft auch preisgebe. Und wenn ich, basierend auf dieser Eigengesetzlichkeit versuche den Tanz herauszufinden, dann werde ich einen Tanz erleben, der mich vitalisieren wird und meinen Tanzpartner genauso. Und wenn der autonome Mensch sich einem Thema widmet, will er mit anderen Menschen etwas kreieren. Passend zum Thema lädt diese Co-Kreations-Runde alle notwendigen Ressourcen ein, um wiederum auch ihre Eigengesetzlichkeiten zu erforschen, für den gemeinsamen Tanz, Menschen mit den Ressourcen. Damit entsteht die echte Nachhaltigkeit, weil nur das kreiert wird, was die Würde aller Beteiligten achtet. Wir handeln nicht nach einer moralischen Sicht, sondern nach einer realisierten Sicht, aus einer Einsicht. Wir können die Welt gar nicht mehr anders als nachhaltig behandeln. Weil wir wissend geworden sind und die Gesetze sehen. Wir können diese Gesetze nicht mehr überschreiten. Wir verstehen die Konsequenzen der Überschreitung. Das ist alles, worum es geht.

Zu den Personen

Karin Neckamm ist Gründungsmitglied des Evolwe-Teams. Sie bringt aus ihrer langjährigen beruflichen Erfahrung als Journalistin bei politischen TV-Talks im Österreichischen Rundfunk, ergänzt von langjähriger Fachhochschul-Lehrtätigkeit mit Schwerpunkt Europapolitik einen wachen Blick für die aktuellen Herausforderungen, in denen sich die Europäische Union heute befindet.
Sie engagiert sich in verschiedenen internationalen und nationalen Initiativen zu neuen Formen von Umweltbewusstseins-Bildung. Sie sucht nach Wegen der Entwicklung für echte nachhaltige Partizipationsprozesse auf verschiedenen Ebenen des politischen Systems der EU.

René Junkes ist ein bodenständiger Praktiker, der unerschüttert für die Umsetzung von großen Visionen geht. Seine kritische Auseinandersetzung und seine Leidenschaft für kreativen Wandel lassen ihn aufhorchen, wo immer der Fluss der kreativen Kollaboration innerhalb eines Systems unterbrochen wird. Aufgrund seiner tiefen Menschenkenntnis eignet er sich hervorragend als Begleiter, gerade in Entwicklungszeiten, wo Mensch beginnt nicht mehr an sich zu glauben.
Er ist Mitgesellschafter von evolwe und Mitgründer des Vereins Werdlinge – Lerngemeinschaft für nachhaltiges Leben e.V. Evolwe bietet zur Zeit einen organischen Nach-Reifungs-Kurs für Eltern und Pädagogen an unter: www.evolwe.de/akademie/total-recall-paedagogik

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