Fred Kofman

[Quelle: Integral Naked, Integral Consciousness Seminar Februar 2005 A Synopsis of the Integral Model]

In diesem Gesamtkonzept, das Ken entwickelt hat, damit man sich in der Welt zurechtzufinden kann, gibt es zum einen die Quadranten: Das Innerliche, das Äußerliche, das Individuelle, das Kollektive – Ich, Es (singular), Wir, Es (plural). Wir nehmen diese Perspektiven ein und wir werden im Verlauf dieses Seminars Situationen aus diesen unterschiedlichen Perspektiven betrachten und dabei sehen, wie alles – mit Kens Worten – tetra-emergiert, wie alles „in“ den vier Quadranten, die nicht aufeinander reduzierbar sind, gleichzeitig emergiert. Auf der Entwicklungsstufe des 2nd tier kann man alle diese Perspektiven einnehmen, weil man nicht in einer von ihnen „steckt“, d.h. mit einer von ihnen identifiziert ist. Das Betrachten dieser Perspektiven ist auch eine Übung zur Ent-Identifikation: Wenn man diese Perspektiven einnehmen kann, ist man nicht mehr ausschließlich damit identifiziert, und bleibt dann auch nicht darin stecken.
Dann gibt es die Entwicklungsebenen [in der Farbbezeichnung von Spiral Dynamics]: Rot, Blau, Orange, Grün, Gelb, Türkis, Koralle, Transkoralle (Beige und Purpur habe ich ausgelassen). Manchmal fassen wir diese Ebenen zu 3 „tiers“ zusammen. 1st tier bedeutet, dass man in der Entwicklungsebene, auf der man sich befindet, „steckt“. Man sieht die Welt durch den Filter dieser Perspektive. Im 2nd tier beginnt man diese Filter zu erkennen. Man kann dann damit spielen, so wie man bei einer Brille verschiedenfarbige Gläser einsetzen kann, ohne sich mit einer bestimmten Farbe zu identifizieren. Man kann wertschätzen, was die einzelnen Ebenen einem zeigen, und sieht aber auch, was sie nicht erkennen. Man erkennt die blinden Flecken jeder dieser Sichtweisen. 3rd tier - darüber sprechen wir später. (Man muss erst gehen lernen, bevor man laufen kann) [Lachen]

Die Entwicklungslinien, das sind z. B. die kognitive, die spirituelle, die psychodynamische, die physische und die ethische Entwicklungslinie. Die ethische Entwicklungslinie, das „Karma Yoga“, ist sehr wichtig, es betrifft unsere Sorge für andere, wie wir authentisch kommunizieren, wie wir mit anderen Menschen zusammen arbeiten, wie wir im relativen Bereich zu einem Bewusstsein höherer ethischer Prinzipien gelangen können. Diese ethische Entwicklungslinie verläuft von einem „was immer ich will, ist die Wahrheit“ (Rot) zu einem „es gibt Wahrheiten, die gottgegeben sind“ (Blau) weiter zu einem „es gibt objektive wissenschaftliche Wahrheiten“ (Orange) zu einem „jeder hat seine eigene Wahrheit“ (Grün) usw. Jede Entwicklungslinie hat auf jeder der Entwicklungsebenen ihre eigene Art von Manifestation.

Weiterhin gibt es Bewusstseinszustände, mit denen wir bewusst arbeiten können. Das bewusste Eintreten und Verlassen der unterschiedlichen Zustände lockert den Griff und die Identifikation der Entwicklungsstufe, auf der wir uns in den unterschiedlichen Entwicklungslinien befinden. Die Achtsamkeit in den verschiedenen Zuständen gibt einem die Möglichkeit loszulassen und erleichtert die Entwicklung durch die Linien. Im Wachzustand, dem Zustand, in dem wir uns jetzt befinden, erscheint uns eine bestimmte Art von Welt, die grobstoffliche Welt, in der die Gesetze der Physik gelten - man kann zu einer gegeben Zeit nur an einem Ort sein, usw., dies ist der „äußere Bereich“ des Buddhismus.

Im Traumzustand erlebt man diesen Zustand, wenn man träumt, ebenso als real. Man befindet sich dann in dieser speziellen Welt. Man kann im Traum fliegen, man kann zur gleichen Zeit an unterschiedlichen Plätzen sein, man kann zur gleichen Zeit unterschiedliche Persönlichkeiten haben, man kann ein Tier sein, man kann gleichzeitig tot und lebendig sein. Im Traumzustand geschehen viele Dinge, die im Wachzustand nicht möglich sind. Wichtig dabei ist: Wenn man träumt, dann ist man voll und ganz in diesen Zustand und ist damit identifiziert. Der Traum erscheint einem als etwas sehr Reales, wenn man sich in ihm befindet, ganz ähnlich wie im Wachzustand, der einem auch sehr real erscheint, wenn man sich darin befindet. In dem Augenblick jedoch, wo man von einem Zustand in einen anderen Zustand wechselt, verschwindet der Zustand, den man verlässt. Auf der Ebene des 1st tier, über die ich gerade gesprochen habe, manifestiert sich jeder Zustand als die einzige Realität dieses Augenblicks.

Der dritte Hauptzustand ist der traumlose Tiefschlaf. Hier gibt es keine Bilder und auch kein Bewusstsein, und doch kann man dabei sehr wach sein. Bei Müttern kann man das gut beobachten, sie sind in diesem Zustand, und dann ruft das Kind „Mami“, und die Mütter sind sofort wieder im Wachzustand. Wäre man vollkommen unbewusst, könnte man nicht hören, dass man gerufen wird, also gibt es auch in diesem Zustand Bewusstheit, auch wenn es dabei keine Bilder, Bewusstseinsobjekte oder irgendwelche Bewusstseinsinhalte gibt. Doch auch in diesem Zustand kann man „stecken bleiben“. Höhere Integration im Zusammenhang mit den Bewusstseinszuständen bedeutet, dass man erkennt, dass man weder im grobstofflichen Wachbewusstsein noch im subtilen Traumzustand noch im traumlosen Tiefschlaf identifiziert ist, sondern dass dies nur Ausdrucksbereiche sind von etwas, was man als den vierten Zustand bezeichnen könnte, turiya, der einen Bezug hat zum 3rd tier der Bewusstseinsebenen.

Dann gibt es noch die Typologien, mit dem Beispiel des Maskulinen und Femininen, oder Leere und Form, oder Bewusstheit und Energie, oder Freiheit und Liebe, und wir werden im Verlauf des Seminars sehen, wie diese Typologien miteinander spielen, und man kann wieder mit jeder dieser Typologien identifiziert sein. Ein Mann zu sein bedeutet nicht, dass man sich nicht auch mit dem Femininen identifizierten kann – wir können auch in diese Typologien eintreten und sie wieder verlassen. Doch es gibt einen Punkt der Entwicklung, wie [beginnend] im 2nd tier, [und dann verstärkt im 3rd tier], wo sich die Dinge sprungartig ändern, und wo man erkennt, dass Leere nichts anderes ist als Form, und Form nichts anderes als Leere, und Freiheit nichts anderes ist als Liebe, und Liebe nichts anderes ist als Freiheit. An diesem Punkt erkennt man auch, dass die Matrix, Samsara, nichts anderes ist als Nirvana, und dass Nirvana nichts anderes ist als Samasara, und dass dies alles hier und jetzt sich ereignet.

Eine andere Art diesen Entwicklungsfortschritt zu beschreiben ist der, dass alles durch uns lebt oder Gott durch uns lebt. Der Ozean drückt sich durch seine Wellen aus, das Universum vermenschlicht sich, in diesen speziellen Formen und zu dieser speziellen Zeit.

Wir beginnen dabei mit dem Unbewusst-Sein. Man kann vereinfachend sagen, dass die Materie unbewusst ist (auch wenn Ken Materie nicht als die unterste Ebene des Seins, sondern als die äußere Manifestation des Seins betrachtet, wo auch schon Atome und Elektronen eine Proto-Bewusstheit haben). Von dieser Unbewusstheit der Materie entwickelt sich das (biologische) Leben zur Bewusstheit, wie bei einer Pflanze und einem Tier. Diese können sich anderer Dinge bewusst sein. Meine Hündin ist sich ihrer Nahrung sehr bewusst. Sie unterscheidet bei allen Wahrnehmungen zwischen Futter und allem anderen. Durch diese bi-modale Wahrnehmung begegnet sie der Welt. Das biologische Leben entwickelt sich dann weiter, durch uns Menschen hin zum Selbst-Bewusstsein. Wir werden uns unserer selbst bewusst. Das ist der menschliche Quantensprung. Wir sind uns unserer selbst bewusst, und erleben andere Wesen als „Andere“. Wir schauen in den Spiegel und erkennen: „Das bin ich, mein Körper, meine Emotionen“. Ich werde mir auch anderer Menschen und anderer Dinge bewusst. Das ist der Augenblick, in dem Angst erscheint. Wo es ein Anderes gibt, gibt es Angst. (Meine Hündin hat keine Angst vor dem Tod. Sie hat keine Vorstellung davon, was morgen geschieht und ob es noch genug Futter gibt. Diese Sorge überlässt sie mir.) Die Stufe der Selbstbewusstheit ist sehr aufregend, das Leben lebt diese Stufe durch uns Menschen. Die nächste Stufe ist dann die eines SELBSTbewusstseins, das Sich-bewusst-Werden des Sich- bewusst-Seins.

Eine andere Art diese Entwicklungsfolge zu beschreiben ist die von mir (egozentrisch) zu uns (soziozentrisch) zu uns allen (weltzentrisch) zum ICH BIN (Eines ohne ein Anderes). Bei diesem ICH BIN löst sich die Angst wieder auf, weil es kein „Anderes“ gibt, vor dem man sich fürchten müsste.