Beate Klutmann
Nach dem ersten Integralen Kongress in Kalifornien 2008 beschloss ich, die Ausbildung zum Integralen Coach zu machen. Wie kam es dazu? Als Diplom-Psychologin hatte ich nach dem Studium viele Jahre in der Industrie und in Hochschulen gearbeitet, viele Aus- und Weiterbildungen gemacht, und dann auch freiberuflich nebenher als Coach und Trainerin gearbeitet. Der Begriff Coaching kam in den 90er Jahren mehr und mehr vom Sport in die Unternehmen, aber es gab keine Ausbildungen dafür. Die ersten Ausbildungsangebote fand ich nicht besonders spannend. Ich war auf der Suche nach einer fundierten Ausbildung, die über das hinausging, was ich als Betriebspsychologin und Personalentwicklerin bereits in meinem Werkzeugkasten vorfand.
Die Ausbildung zum Integralen Coach erschien mir reizvoll und interessant. Ich startete also Ende 2009 die Coaching-Ausbildung in Amsterdam. Ich war die erste Teilnehmerin aus Deutschland, und ich war in der letzten Gruppe, die ausschließlich von Laura Divine und Joanne Hunt, den Gründerinnen, durchgeführt wurde.
Insgesamt dauerte die Ausbildung bei mir über 2 Jahre. (Es geht auch schneller, je nachdem wie lange man Pause macht zwischen den Modulen.) Damals waren 2 Teile zu absolvieren, heute sind es 3 Abschnitte, bevor man sich Master Coach nennen darf.
Aus Gesprächen mit „neuen“ Absolventen erfuhr ich, dass einiges in der Ausbildung heute anders ist. Wie war es bei mir, was erhielt ich während der Ausbildung?
- Einen starken theoretischen Rahmen: Methode, Prozesse, Werkzeuge
- viel schriftliches Material für den Unterricht sowie für die Arbeit mit Klienten
- Bücher
- Unterstützung durch die Lehrenden bzw. Mitarbeiter
- Praktische Umsetzung des Gelernten
- Man ist international zertifiziert als Coach durch die ICF.
- Ein lebendiges, internationales Netzwerk an Coaches, die mit dem gleichen Ansatz arbeiten.
Und was wird von einem verlangt? Es werden hohe Ansprüche an die Eigenleistung gestellt, z.B.:
- Anwesenheit bei allen Trainings (gute Englischkenntnisse sind nötig)
- Coaching unter Supervision (Coaching in Englisch, Sprachaufzeichnungen werden nach Kanada geschickt)
- Berichte über die Coachings schreiben
- Bewertungsbögen für sich selber ausfüllen und mit einem der Trainer/Mitarbeiter diskutieren
- Relevante Bücher lesen (Listen werden ausgegeben)
- Engagement bei der eigenen Weiterentwicklung (inkl. Telefonate mit einem der Lehrer, Integrale Aufmerksamkeitsübungen, Übungen absolvieren, und zwar regelmäßig meditieren, Tagebuch schreiben, physische Übungen wie laufen oder schwimmen, Lesen Integraler Texte)
- Teilnahme an Lerngruppen
- 3 Endberichte á ca 30 Seiten über die Coachings mit eigenen Klienten schreiben (das galt noch zu meiner Zeit, ist heute anders).
Im Gegensatz zu anderen Coaching-Ausbildungen haben wir gelernt, mit der Persönlichkeit des Klienten zu arbeiten – und damit unabhängig von einem thematischen Schwerpunkt. Das Angebot für Klienten ist also nicht begrenzt auf einen Themenkomplex – obwohl sich manche ICC Coaches spezialisiert haben. Dennoch: Wir können mit den unterschiedlichsten Themen arbeiten, mit denen der Klient zu uns kommt. Vor allem ist es ein Entwicklungs-Coaching; aber auch Phasen der Stabilisierung können unterstützt werden.
Welche Resultate sehe ich, nachdem nun fast 10 Jahre vergangen sind? Die Ausbildung hat mir viel Freude bereitet, aber ich hatte auch große Schwierigkeiten in der Zeit. Ich hatte eine Professur für Betriebspsychologie an einer Berliner Hochschule, meine Mutter war gerade verstorben, die Ausbildung war aufwendig, da schlich sich unter anderem Erschöpfung ein. Zu lernen, als Coach zu arbeiten passte auch so gar nicht zu den Maximen einer betriebswirtschaftlichen Hochschule. Oder um mit den Farben der Entwicklungsstufen zu sprechen: Da kämpfte Orange gegen Teal – oder umgekehrt.
Heute arbeite ich nach wie vor mit dem ICC Ansatz. Was ich persönlich besonders schätze, ist die geniale Umsetzung von Wilbers Theorie in die praktische Arbeit mit Menschen. Inzwischen habe ich mir einen eigenen Stil erarbeitet, das bleibt nicht aus im Laufe der Arbeit mit Klienten. Anderen Coaches geht es genauso, und doch, wir können uns gut untereinander verständigen über unsere Arbeit und uns gegenseitig unterstützen. In Europa gibt es jährlich ein Treffen für Integral Coaches, organisiert vom European Consortium of Integral Coaches, ECOIC. Wir sind ein munterer Verein….
Wer sich einen tiefer gehend Eindruck verschaffen möchte: Es wurde ein ganzes Heft dem Ansatz gewidmet, das zeigt, mit welchen Komponenten im Integral Coaching® (ICC) unter anderem gearbeitet wird.
In Deutschland sind die meisten Coaches systemisch ausgebildet[1]. Das heißt: Mit einem Integral Coaching verbinden die wenigsten Organisationen oder Personen etwas. Gleichwohl gibt es noch mehr, die sich als Integrale Coaches bezeichnen, die aber ihren eigenen Weg kreiert haben. Nur der von ICC entwickelte Ansatz wurde von Ken Wilber lobend hervorgehoben.
Integral Coaching Canada offers what we believe to be the most complete and the most comprehensive coaching program available.
Ken Wilber
author, A Theory of Everything
Inzwischen habe ich die Hochschule verlassen und arbeite ausschließlich als Coach und Trainerin. Als DIA Partnerin biete ich eine Veranstaltungsreihe an, die im Herbst 2018 startete und noch bis Herbst 2019 läuft. www.dia-seminare.org/dia-partner/beate-klutmann/547-integral-life-practice-gruppe.html
[1] Integral Institute: Journal of Integral Theory and Practice, Spring 2009, Volume 4, Number 1, Spring 2009.