Michael Habecker
Einführung
„Ich verwende den Begriff ‚integral‘ als synonym mit ‚dialektisch‘“.
„Das Buch interpretiert integrales Denken als dialektisches Denken.“
„In diesem Sinne sehe ich eine helle Zukunft integralen Denkens, weil damit wahrhaft revolutionäre Ansätze gegenüber den Weltproblemen und individuellen Problemen entwickelt werden können.“
„… Menschen in ihrem Geist lediglich mehr oder weniger leblose Abstraktionen herumschieben, ohne jemals in der Lage zu sein, ihr Denken wirklich zu erfahren oder gar zu lernen, wie sie ‚besser‘ denken könnten.“
… dialektisches, integrales und Entwicklungsdenken als eine Einheit.
Das Buch beinhaltet die emanzipatorische Botschaft, dass solange wir fixiert auf das bleiben, WAS wir denken, wir keine Möglichkeit haben, die Gedankenformstrukturen unseres Denkens zu untersuchen, die uns einen Hinweis darauf geben, WIE wir denken.
Beim dialektischen Denken geht es NICHT um Bedeutungsfindung, sondern es geht um die Findung von WAHRHEIT und gleichzeitig um eine Meisterschaft bei der Handhabung von Komplexität, die sich auch in Handlungen ausdrücken soll. Wie die westliche philosophische Tradition zeigt, brauchen Wahrheit und Bedeutung einander, sind jedoch nicht aufeinander zu reduzieren.
„Dialektik beginnt beim logischen Verstehen, lässt dann zunehmend das reine formale logische Denken hinter sich auf seinem Weg zum Untersuchungssystem der Vernunft, als meiner Bezeichnung für einen holistischen Ansatz gegenüber der Realität auf der Grundlage von Hegel, Adorno und Bhaskar."
Kapitel 1
Abgeleitet aus Bhaskar’s vier Momenten der Dialektik und der Arbeit von Basseches führt Otto Laske vier grundlegende Klassen von Gedankenformen auf. (Diese Tabelle stellt eine Zusammenfassung von 28 Klassen von Gedankenformen auf, die in dem Buch Measuring Hidden Dimensions Band 2 ausführlich erläutert werden).
„Im Wesentlichen macht diese Tabelle aus ontologischen Kategorien epistemologische Kategorien, was zu einem besseren Verständnis des Wachstums dialektischen Denkens im Verlauf des Erwachsenenlebens führt.“
- hinweisen auf [ein dialektisches Konzept] (p, to point)
- [ein dialektisches Konzept] vertiefen (e, to elaborate)
- [ein dialektisches Konzept] verbinden [l, to link]“
Die Tabelle als Ganzes formuliert eine integrale Herausforderung, und zwar die Reflexion des eigenen Denkens und des Denkens anderer in Begriffen dieser vier Klassen von Gedankenformen … Kurz gesagt beschreibt dieses Buch die Art und Weise, wie ungehindertes Denken arbeitet!
In Verbindung zum Modell der Quadranten von Ken Wilber bedeutet dies eine Einladung zur Einnahme und Durchdringung jeder der acht Hauptperspektiven unter Zuhilfenahme der in der Tabelle aufgeführten dialektischen Gedankenformen als „Geistesöffner“.
Mit den Worten Otto Laskes:
Ich möchte das Postulat obiger Tabelle als „alle Momente aller Gedankenformen“ bzw. AMAT beschreiben, welches, als ein dialektisch-integrales Denken die geeignetste Weise für ein vertiefendes Denken in AQAL-Begriffen darstellt. (Implizit bedeutet dies, dass AQAL eine Vertiefung durch AMAT benötigt.)
Der Autor beschreibt dann die intrinsische Verbindung der vier Momente der Dialektik zueinander und miteinander (Kontext, Prozess, Beziehung und Transformation). Diese wird an verschiedenen Beispielen erläutert.
Wie dieses Beispiel zeigt, erfordert die Handhabung der Komplexität eine dialektische Koordination der Gedankenformen. Das Denken der meisten Menschen ist so sehr auf Inhalte konzentriert, dass der Vorschlag einer Betrachtung der Inhalte vor dem Hintergrund der ihnen zugrunde liegenden Strukturen des Denkens auf Ungläubigkeit stößt.
Es wird dann erläutert, wie der Schritt vom Verstehen (unterstanding) zur Vernunft (reason) mittels der UDR Bewegung erfolgt, als eine Bewegung vom Verstehen (U) zur Vernunft (R) mittels Dialektik (D). Dabei spielt der zwischenmenschliche Dialog eine große Rolle.
Auf diese Weise erfolgt die kognitive Entwicklung des Menschen über die bereits erwähnten Phasen von „Common Sense“, Verstehen, Vernunft zur praktischen Weisheit hin zu einer neuen, umfassenderen Art von „Common Sense“.
Mit der Unterscheidung und Koordinierung der Gedankenform für ein tieferes Verstehen einer Situation oder eines Themas wird es immer einfacher für uns, die Komplexität zu erkennen, in der wir denken und über die wir sprechen. Mit jedem Schritt, den wir aber machen, gelangen wir zu einer Einfachheit in dem Sinn, dass die uns anfänglich überwältigende Komplexität mittels der dialektischen Geistesöffner für uns transparent wird.
Zum Abschluss dieses Kapitels, wie auch zum Abschluss jeder der folgenden Kapitel, bietet der Autor Übungen an, die den Leser unmittelbar selbst „psychoaktiv“ werden lassen, in genau dem Sinn, den der Autor beabsichtigt: als eine Erfahrung, ein Erkennen und eine Erweiterung der eigenen Denkstrukturen.
Ich konzentriere mich nicht primär auf einen Inhalt als das WAS über das gesprochen wird. Ich konzentriere mich stattdessen auf das WIE, die Art und Weise wie Menschen denken und sprechen.
Kapitel 2
Ein Schritt über die Logik hinaus: Kontext
In diesem Buchabschnitt erläutert Otto Laske die drei Gedankenformen des Kontext, als die linke Spalte in obiger Tabelle (Cp, Ce und Cl). Die Größe, aber auch die Grenze der Kontextkategorie wird wie folgt beschrieben:
„Wenn wir beim dialektischen Denken von Kontext sprechen, meinen wir damit eine Art und Weise des Denkens, Sprechens und Schreibens über die reale Welt vom Gesichtspunkt eines „Gesamtbildes“ der Dinge einschließlich seiner Teile. Die große Anzahl der Details, denen wir in diesem Gesamtbild begegnen, birgt in sich die Versuchung daraus ein „System“ zu erstellen, in dem die Einzelheiten eine definierte Ordnung haben. Dieser Versuch stellt eine Abwehrhaltung gegenüber der Komplexität der Welt dar.“
Ontologisch (in Begriffen dessen was existiert) kann man sich dem Kontext kaum entziehen, wie einer klebrigen Substanz.
Es werden eine Reihe von Irrtümern aufgeführt, die bei einer Verabsolutierung der Kontext-Kategorie auftreten können:
- der Irrtum, dass die reale Welt Kontext ist und sonst nichts
- der Irrtum, dass Kontext identisch mit dem ist, was wir bereits wissen
- der Irrtum, dass alles in der realen Welt ausschließlich in positiven Begriffen beschrieben werden kann, ohne Berücksichtigung dessen was Bhaskar mit dem Begriff ‚durchdrungen von Abwesenheiten‘ meint“
In diesem Zusammenhang weist Otto Laske auf die Gefahr hin, das Wilber’sche Modell ausschließlich als einen Kontext im Sinne eines positivistisch in sich geschlossenen Systems zu sehen. Wilber selbst weist auch immer wieder diese Gefahr hin und betont die Dynamik und Offenheit seines Modells. Die dialektischen Gedankenformen sind Einladungen, den Wilber’schen AQAL-Rahmen mit Leben und Emergenz zu erfüllen.
Das ‚Gesamtbild‘ der Welt beinhaltet das, was (noch) nicht da ist.
Die Nützlichkeit dieser Betrachtungsweise erläutert der Autor am Beispiel eines Modellvergleichs der Betrachtung dessen, was Menschen in einer Organisation leisten können. Dabei stützt er sich auf die Arbeit von Elliot Jacques.
Beginnt man über den Menschen als eine Ressource in Organisationen nachzudenken, und denkt dabei in Fähigkeiten anstatt in Kompetenzen, eröffnen sich neue Möglichkeiten im Hinblick auf Management, Teamentwicklung und Leadership. Das ist der Fall, weil Fähigkeiten nicht nur eine komplexere, sondern auch eine dialektischere Vorstellung hinsichtlich der menschlichen Ressourcen darstellen als Kompetenzen, auch wenn Fähigkeiten natürlich selbst wiederum eine Abstraktion sind.
Durch eine Reihe formulierter Fragen an den Leser aus den oben aufgeführten Kontext-Gedankenformen Cp, Ce und Cl heraus wird das eigene Denken in diesen Gedankenformen aktiviert, und der Leser kann so eigene Erfahrungen damit machen.
Otto Laske fasst zusammen:
„Dieser selbstkritische und selbstevaluierende Standpunkt, den wir gegenüber der realen Welt einnehmen, schützt uns davor anzunehmen, dass die Welt gleichzusetzen ist mit dem, was wir von ihr wissen, und auch vor dem Glauben, dass wir unbewusst die reale Welt in einer einzigen Farbe unserer Wahl malen können, anstatt Negativität/Abwesenheit (Prozess) kontrafaktisch mit zu berücksichtigen.“
Die vielen Unterscheidungen, die wir mittels der individuellen Gedankenformen als Geistesöffner machen, verbinden gleichzeitig dasjenige, was wir in unserem Denken unterscheiden (und damit trennen). Unterscheiden und Verbinden gehören im dialektischen Denken zusammen, das eine geht nicht ohne das andere. Die Reichhaltigkeit der Welt, die uns durch das dialektische Denken erscheint, hat ihre Wurzeln in unserem Bewusstsein, dass jede Unterscheidung, die wir machen, eine Trennung und eine Verbindung gleichzeitig darstellt, und dass Unterscheidungen, die nicht von Verbindungen begleitet werden „aus dem Kontext heraus“ in ein logisches Flachland fallen.
Kapitel 3
Ein zweiter Schritt über die Logik hinaus: Prozess
Prozess beinhaltet die zweite Spalte in der obigen Tabelle, wiederum mit den erwähnten drei Gedankenformkategorien (Pp, Pe, Pl).
Der Prozessmoment der Dialektik weist auf die Abwesenheit hin als eine Einladung an uns, darüber nachzudenken was fehlt, was da sein könnte oder was da sein sollte. Das allgemeine Konzept für diesen Aspekt der realen Welt ist Negativität. Negativität repräsentierten den Schatten all dessen was positiv „hier“ ist und als „real“ betrachtet wird. In den Begriffen der Dialektik gibt es nichts, das ohne sein eigenes Negativ existiert. In Begriffen des Denkens öffnet der Prozessmoment der Dialektik Gelegenheiten, um mit Widersprüchen und Kritik umzugehen. Nicht umsonst hat die Dialektik die Form der Kritischen Theorie angenommen.
Otto Laske erläutert dann, wie die in der Tabelle aufgeführten vier Momente der Dialektik miteinander in Beziehung stehen und zusammenwirken.
Mit der Verwendung einer Prozess- und/oder Beziehungs-Gedankenform denken Sie kritisch. Verwenden Sie eine Kontext-Gedankenform, dann denken Sie konstruktiv. Wenn sie dann diese zwei Arten des Denkens in ein Gleichgewicht miteinander bringen, dann denken Sie in Begriffen der Transformation.
Als eine weitere Differenzierung führt der Autor vier Unterphasen der Entwicklung dialektischen Denkens ein, als Zwischenstufen des Entwicklungsschrittes vom Verstehen zur Vernunft (und weiter zur praktischen Weisheit). Beispielhaft wird dann die Anwendung der drei Prozessgedankenformen (Pp, Pe und Pl) an einer Organisationsfragestellung dargestellt.
Dabei wird auch auf die Problematik einer Verabsolutierung des Prozessdenkens hingewiesen:
Das Risiko, an diesem Punkt in einen Relativismus zu verfallen wo „alles geht“ ist groß, und kann nur vermieden werden durch die Einbeziehung der anderen Momente der Dialektik, und zwar speziell der Beziehungsgedankenformen.
Kapitel 4
Ein dritter Schritt über die Logik hinaus: Beziehung
Mit der Gedankenformkategorie Beziehung (Rp, Re, Rl, die dritte Spalte in obiger Tabelle) wird die Verschiebung der Aufmerksamkeit von dem, was jemand denkt (Inhalt) zu dem wie jemand denkt (Struktur), besonders deutlich.
Zusätzlich zu der Warnung vor der Reduzierung eines Ganzen auf isolierte Einzelelemente erhöhen die Beziehung-Gedankenformen unsere Wachsamkeit gegenüber der Begrenztheit der Trennung eines Konzeptes von einem anderen.
Dies stellt das logische Denken vor eine weitere Herausforderung, da wir individuelle Dinge zum einen separat für sich und gleichzeitig als intrinsisch in Beziehung zu anderen Dingen betrachten ... Das Beziehungsmoment der Dialektik etabliert einen gemeinsamen geteilten Grund, auf dem alle Elemente, die wir uns vorstellen können, unablässig miteinander reden, so wie Mitglieder eines Teams, die eine bestimmte Aufgabe verfolgen.
Dies erinnert an die Holon (=Teil/Ganzes) Definition von Wilber, die Otto Laske wie folgt erläutert:
Wenn wir den gemeinsamen Grund als eine dynamische Vereinigung von Elementen verstehen, die sich wechselseitig als Teil eines dynamischen Ganzen definieren (als die wahre Bedeutung von Holon), dann ist es nur noch ein kleiner Schritt zum Verständnis dessen, was mit „Muster von Interaktion und Einfluss“ (Rl) gemeint ist.
Kontext kann daher als eine Abstraktion des gemeinsamen Grundes betrachtet werden, die man dadurch erhält, dass man Prozess auslässt oder verneint. Mit anderen Worten: der gemeinsame Grund ist die Anwendung von Kontext auf Prozess.
Am Beispiel eines fünfköpfigen Führungsteams mit jeweils unterschiedlichem kognitiven Profil bezogen auf die im vorigen Kapitel aufgeführten vier Unterphasen dialektischen Denkens erläutert der Autor ausführlich und exemplarisch die Unterschiede im Wie des Denkens dieser Menschen.
„Wir haben fünf Teammitglieder, die, selbst wenn sie emotional im Hinblick auf ihre sozial-emotionale Entwicklung gleich entwickelt sein sollten (was sehr unwahrscheinlich ist), darüber hinaus aufgrund ihrer unterschiedlichen Ebenen dialektischen Denkens zutiefst unterschiedliche Erfahrungen mit der gegebenen Welt machen.“
„Die Stärke der dialektischen Gedankenformen im Hinblick auf ihren gestaltenden Einfluss kollektiver Intelligenz tritt in Teamdiskussionen hervor, sowohl im Hinblick auf zu erledigende Aufgaben, als auch bezüglich zwischenmenschlicher Prozesse, wobei Letztere in erster Linie die sozial-emotionale Entwicklung betreffen. Dies ist auch ein Hinweis darauf, dass die dialektischen Gedankenformen ein starkes Instrument kultureller Transformationen in den Händen derjenigen sind, die sie handhaben können.“
Kapitel 5
Das Ende des Downloading und der Beginn tiefen Denkens: Transformation
Das vierte Momente der Dialektik, Transformation, lässt die anderen drei Momente in Erscheinung treten und ist gleichzeitig ein Ergebnis ihrer natürlichen Verschmelzung (oder ein Ergebnis ihrer Koordination). Daraus folgt, dass nur wenn ein hoher Grad an Koordination der Gedankenformen der Klassen C, P und R im Denken erreicht wird, transformatorisches Denken voll in Erscheinung tritt...
Im vierten Moment der Transformation beißt sich der Kreis - wie im Bild der Schlange - in seinen eigenen Schwanz, um sich selbst zu vervollständigen und seine eigene bewusste Existenz als ein Ganzes abzurunden. Auf diese Weise kehrt der Geist zur Einfachheit des “Common Sense” über den Pfad praktischer Weisheit zurück... Menschen sehen schließlich die „reale Welt“ als eine Welt in permanenter Transformation auf der Suche nach einem Gleichgewicht mittels einer Vielzahl von Ereignissen: Bewegungen, Synthesen, Zusammenführungen, Umgebungen, Zusammenbrüchen, Schmerz, mentales Wachstum, um nur einige wenige zu nennen.
Die meisten Probleme von Individuen und Organisationen haben mit Transformation zu tun, weil Transformation die Art und Weise ist, wie die reale Welt funktioniert: nichts bleibt für immer so wie es ist und Anzeichen für Veränderungen sowie auch Potenziale für das Ausfüllen gegenwärtiger Lücken sind immer schon zum Teil am Horizont erkennbar für diejenigen, die dialektischen denken.
Was dies praktisch bedeutet, erläutert Otto Laske am Beispiel einer requisite Organisation (ein Begriff, der auf Elliot Jaques zurückgeht) mit den bereits vorgestellten fünf Mitgliedern eines Führungsteams.
Epilog - ein Aufruf zum Handeln
(von Otto Laske und Jan De Vish)
Die grundlegende Idee hinter dem Rahmen, welcher in diesem Buch dargelegt wurde ist die Erkenntnis einer immensen Flexibilität des Geistes, Dinge auf eine neue Weise sehen zu können, klar unterschieden von etablierten kulturellen, sozialen und organisatorischen Konventionen und Ideologien... Es ist auch deutlich geworden, dass, was zuerst als ein Werkzeug für die Verstärkung des eigenen Denkens erschien, sich noch sehr viel wirksamer als ein machtvolles Werkzeug zur Transformation organisatorischer und politischer Gemeinschaften einsetzen lässt, auch im Hinblick auf Bildung und Erziehung. Welche Kultur letztendlich entsteht und sich kristallisiert, hängt vom Denken derjenigen ab, die sich mit dieser Kultur identifizieren.
Anhänge
In vier Anhängen zum Buch fasst Otto Laske Wesentliches zu seiner Arbeit zusammen:
Anhang A: Eine Zusammenfassung der vier Momente der Dialektik
Zur Illustration wird eine Maschinenanlogie verwendet:
Wir können uns die vier Momente der Dialektik als kleine Maschinen vorstellen, die gemeinsam als eine Geistesgesellschaft zusammenwirken.
Die Kontextmaschine (Bhaskar‘s 1M)
Dialektisches Bild: „Gesamtbild“ im Sinne eines Ganzen, welches Teile umfasst und in Schichten aufgebaut ist.
Figur: das, was als stabile und ausbalancierte Form erscheint.
Hintergrund: Vereinigung durch die Kategorie der Unterscheidung, welche Vielfalt und Tiefe in das, was real ist, einbringt und es damit veränderbar macht.
Beziehung zu System: Vor-stellung eines Systems als statische Form.
Umfang: Gleichgewicht dessen, was existiert.
Thema: Vielzahl von Einheiten und Gedanken, die an einem gemeinschaftlichen Bezugsrahmen teilnehmen.
Dialektik: Teile eines Ganzen im permanenten Ausgleich; Schichtenbildung und Neuerschaffungen.
Die Prozessmaschine (Bhaskar’s 2E)
Dialektisches Bild: Emergenz aus einer anscheinenden Leerheit heraus.
Figur: das was „nicht anwesend“ ist sondern durch unablässige Veränderung hervortritt.
Hintergrund: Vereinigung durch die Kategorie der Abwesenheit [und des Potenzials], aus dem heraus sich der gesamte Kreis der vier Momente der Dialektik ableitet.
Beziehung zu System: immer schon eingebettet im System.
Umfang: umfassende Negation, Widerspruch, Kritik.
Thema: die Gegenwärtigkeit der Vergangenheit und der Zukunft in der Gegenwart; Bewegung in Gedanken und Wirklichkeit.
Dialektik: Prozess, Übergang, Interaktion, Opposition (einschließlich Umkehrung).
Die Beziehungsmaschine (Bhaskar’s 3L)
Dialektisches Bild: Gemeinsamer Grund (Totalität).
Figur: das, was „nicht anwesend“ ist außerhalb einer Totalität (möglicher gegensätzlicher) Verbindungen.
Hintergrund: Vereinigung durch die Kategorie der Totalität als eine holistische Kausalität.
Beziehung zu System: Lebendiger Kern eines jeden Systems.
Umfang: Alle Teile eines Ganzen, auch das Abgespaltene; Zentrum zu Peripherie.
Thema: Einheit in Vielfalt, innere Bezogenheit, unzulässige Trennung und Spaltung, Fehler der Fixierung auf unverbundene (isolierte) Elemente.
Dialektik: reziprok, intrinsisch, basierend auf konstitutiven Beziehungen und gemeinsamem Grund.
Die Maschine transformationaler Systeme (Bhaskar’s 4D)
Dialektisches Bild: „lebendige“ (transformationale) Systeme.
Figur: das, was in permanenter Transformation ist, auf der Suche nach Gleichgewicht durch mentales Wachstum, Veränderung, Synthese, plötzliche Umkehr, Kollaps, Zusammenbruch und Schmerz.
Hintergrund: Vereinigung durch eine soziale Kategorie einertransformativen Praxis oder Vermittlung.
Beziehung zu System: ist selbst unter andauernder Transformation.
Umfang: alle Wirklichkeit.
Thema: Stabilität durch Entwicklung, die Aufmerksamkeit gegenüber Problemen von Koordination und Veränderung geschieht in Richtung Entwicklung; Multiperspektivität definiert Wirklichkeit konkret, Anerkennung menschlicher Handlungsfähigkeit als eine intentionale Kausalität im Kosmos.
Dialektik: spezielle Affinität gegenüber “Prozess” als soziale Veränderung.
Anhang B: Praktische Beispiele komplexe Handlungen basierend auf dialektischen Gedankenformen
Dieser Abschnitt enthält konkrete Beispiele für eine Bewegung durch alle Momente der Dialektik hindurch, mit den jeweiligen Unterscheidungen von
• Hinweisen auf [ein dialektisches Konzept] (p)
• [ein dialektisches Konzept] vertiefen (e)
• [ein dialektisches Konzept] verbinden [l]“
Anhang C: Übersichtstabelle über die dialektischen Gedankenformen
In dieser Tabelle sind die 28 Gedankenformen als eine Übersicht aufgeführt, die ausführlich in Band 2 von Measuring Hidden Dimensions: The Art and Science of Fully Engaging Adults diskutiert werden.
Darüber hinaus werden einige Elemente der konkreten Bestimmung des kognitiven Profils eines Menschen vorgestellt, wie
- das teil-strukturierte Interview
- die „Drei Häuser“ (Aufgabenhaus, Organisation/Umgebung, Selbst-Haus)
- der Beweglichkeitsindex
- der Index systemischen Denkens
- der Diskrepanz-Index
Anhang D: historischer Ursprung der dialektischen Gedankenformen
Dieses Buch verdankt seine Existenz einem Zusammenkommen verschiedener Ereignisse meines Lebens sowie meiner Studien an der Frankfurter Schule mit Th. W. Adorno (1955-66) und der Kohlberg-Schule, Harvard, mit Robert Kegan (1992 – 1997). Während meiner Zeit an der Kohlberg-Schule gelang es mir als Erstem, die Arbeit von Kegan über die sozial- emotionale Entwicklung mit der Arbeit von Michael Basseches über dialektisches Denken und Erwachsenenentwicklung zu verbinden…
Ich hoffe, dass diese Einführung weitere Arbeiten zur Dialektik anregen wird, sowohl in der akademischen Welt, als auch in Organisationen, einschließlich der Forschung über die intrinsische Beziehung zwischen der sozial-emotionalen und der kognitiven Entwicklung von Erwachsenen.
Otto Laske, Dialectical Thinking For Integral Leaders: A Primer
(aus: Online Journal Nr. 56)